Der Begriff Muda Verschwendung leitet sich von dem althochdeutschen Wort „firswenden“ bzw. „firswenten“ ab und wird mit „verschwinden lassen“ übersetzt. Diese Definition könnte kaum treffender sein, lassen doch Unternehmen permanent Geld verschwinden, indem diese unnötige, nicht wertschöpfende Aktivitäten in der Wertschöpfungskette akzeptieren. In vielen Unternehmen hat eine schleichende Gewöhnung dafür gesorgt, dass Verschwendungen gar nicht mehr wahrgenommen werden. Das Resultat ist, dass im Durchschnitt gerade einmal 25 bis 35 Prozent der Aktivitäten in unseren Betrieben eindeutig wertschöpfenden Charakter haben. Sicher gibt es Unternehmen, die besser als dieser Durchschnitt sind. Es gibt dann jedoch auch Unternehmen, die schlechter sind. Lassen Sie sich durch den folgenden Text sensibilisieren und erkennen Sie – über die „üblichen Verdächtigen hinaus“ – die wirklichen Gründe, die Leistung einfach verschwinden lassen.
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Zuerst müssen Sie Verschwendung definieren und identifizieren
„Alle Aktivitäten in Nutzleistung umzusetzen“
Dies ist der Grundgedanke des effizienten Umgangs mit den Ressourcen einer Organisation. Aus diesem Ansatz lässt sich die Definition von Verschwendung (japanischer Begriff: „Muda“) eindeutig ableiten: Verschwendung in einem (Produktions-)Prozess ist immer dann (mehr oder weniger) vorhanden, wenn Tätigkeiten keinen wertschöpfenden Effekt haben. Man verschwendet also in der Zeit, in der man nicht wertschöpfende Tätigkeiten verrichtet, wertvolle Arbeitszeit. Mit einem zunehmenden Anteil nicht wertschöpfender Tätigkeiten in einem Produktionsprozess steigen somit die Herstellkosten des Produktes an.
Da muss der Kunde halt etwas mehr bezahlen. Muss der Kunde dies wirklich? Kunden sind in der Regel nur bereit, für den wertschöpfenden Anteil des Produktionsprozesses zu bezahlen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, wird dann eben die Marge reduziert. Oft sitzen die für die Verschwendung Verantwortlichen eines Unternehmens nur am grünen Tisch und reden an der Realität vorbei. Zur Identifikation von Verschwendung ist jedoch entscheidend, dass man regelmäßig durch den Betrieb geht und prüft, ob sich Abläufe verbessern lassen. Erschwerend kommt noch die Betriebsblindheit hinzu. Die Bereichsverantwortlichen übersehen oft Dinge, die z.B. bei Externen nicht durchgegangen wären.
Der Waste Walk ist die systematische IST-Aufnahme
Verschwendung lässt sich vom Schreibtisch aus nicht inspizieren. Bei dem Waste Walk zur Ermittlung der Muda Verschwendung handelt es sich um eine Verschwendungsanalyse im Unternehmen, die mit einem intensiven und fokussierten Rundgang am Arbeitsplatz (japanischer Begriff: GEMBA) verbunden ist. Der Waste Walk bzw. Muda Walk soll – durch richtiges Hinsehen – zeigen, wo es Potenzial für Verbesserungen, Verschwendungsreduzierung etc. in den Abläufen und Strukturen gibt. Angesprochen werden damit zum Beispiel Prozessplaner, Arbeitsvorbereiter und vor allem Qualitätsbeauftragte.
Es gilt, die Abläufe besser zu verstehen und die Mitarbeiter darauf zu trainieren, Verschwendung zu erkennen. Voraussetzung ist eine geschulte Vorgehensweise mit entsprechenden Fragestellungen, die neutral vorgeht, d.h. ohne Schuldzuweisung und Tadel! Was bei einem solchen Rundgang erkannt wird, ist breit gestreut. Dazu zählen z.B. hohe Bestände, nicht wertschöpfende Bewegungen von Mitarbeitern und Maschinen, unnötige Wartezeiten oder überflüssige Bearbeitungen von Werkstücken. Häufig müssen Werker lange Wege zurücklegen, nur weil Materialien nicht direkt vor Ort verfügbar sind. Die Mitarbeiter im Betrieb sehen das deshalb nicht, weil es „eben schon immer so war“. Keiner kommt auf den Gedanken, daran etwas zu ändern.
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So eliminieren Sie Verschwendung in 4 Schritten
Verschwendung lässt sich vom Schreibtisch aus nicht inspizieren, greifen Sie deshalb auf den Waste Walk zurück. Die effektive Durchführung eines Waste Walk erfordert natürlich die Einführung geeigneter Prinzipien und Methoden. Der Rundgang kann in Arbeitsgruppen oder durch Einzelanwender durchgeführt werden. Sinnvollerweise sollte dabei eine logische Schrittfolge beachtet werden, die in den nachfolgenden Abschnitten, in vier Hauptschritte unterteilt, dargestellt ist.
Diese vier Schritte werden wir Ihnen im weiteren Verlauf des Textes näher erläutern.
Schritt 1: Abgrenzung & Untersuchung des Arbeitssystems
Vor dem Start des Waste Walk muss eine Prozessdarstellung erarbeitet oder, falls schon vorhanden, als Grundlage herangezogen werden. Die Prozessschritte sind in abgegrenzte und beobachtbare Takte (Arbeitsinhalte) zu unterteilen. Hinterfragen Sie dabei alle Arbeitsschritte kritisch und stellen Sie fest, welchen Beitrag diese zur Wertsteigerung des Produktes leisten. Überlegen Sie ständig, ob Sie als Kunde bereit wären, dafür zu bezahlen. Ordnen Sie erkannte Verschwendung anschließend einer der folgenden die 7 Verschwendungsarten zu
Die 7 Verschwendungsarten:
Bestände
| Unterscheiden Sie unbedingt zwischen den nachfolgenden Arten von Beständen, die an verschiedenen Stellen der Produktion auftreten:
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Überproduktion | Es wird mehr produziert, als es dem Kundenbedarf entspricht. Dies bedeutet entweder, dass zu schnell oder in zu großen Mengen produziert wird.
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Transport
| Transporttätigkeiten fallen beim Ein-, Aus- und Umlagern sowie beim Transport zu den Maschinen oder zu Sortier- und Kommissioniertätigkeiten an. Die räumliche Aufteilung der Produktions- und Lagerstätten ist für die Höhe des Transportaufwands maßgebend.
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Wartezeiten
| Warten ist der Zeitraum, währenddessen keine Aktivität stattfindet. Der Mitarbeiter ist aus irgendwelchen Gründen gezwungen zu warten und kann daher keine Wertschöpfung am Produkt vollziehen. Im übertragenen Sinne kann auch das Produkt darauf warten, dass es weiter bearbeitet wird. Ein Großteil der Produktdurchlaufzeit findet seine Ursache in Warte- und Liegezeiten.
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Ausschuss/Nacharbeit | Dass Ausschuss oder Nacharbeit aufgrund mangelnder Qualität generell der Verschwendung zuzuordnen sind, sollte eigentlich am leichtesten nachzuvollziehen sein. Produktionsfehler sind in doppelter Weise kritisch, da sie nicht nur nicht wertschöpfend sind, sondern auch den in den vorherigen Schritten geschaffenen Wert zerstören. Ausschuss und Nacharbeit führen weiterhin häufig zu einer Verzögerung des Liefertermins und dies nicht nur für die in Bearbeitung befindlichen Produkte, sondern auch für nachfolgende Produktionsaufträge.
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Bewegung | Häufig sind Arbeitsplätze so gestaltet, dass Werkzeuge und Werkstücke nur umständlich zu greifen und Vorrichtungen bzw. Anlagen schwer zu bedienen sind, mit der Konsequenz, dass viele unnötige Bewegungen erfolgen müssen. Häufiges Umgreifen sowie Ablegen und Aufnehmen von Teilen sollte vermieden werden. Lange Laufwege und größere Suchaktionen fallen ebenso unter die Verschwendung durch Bewegung.
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Schlechter Herstellungsprozess
| Häufig fallen Prozesse oder Fertigungsverfahren ohne Notwendigkeit für das Endprodukt unnötig komplex aus:
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Schritt 2: Bewertung der ermittelten Verschwendungsarten
Die ermittelten Verschwendungsarten sind nun anhand von Prozessparametern zu quantifizieren. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Bewertung auf eine einheitliche Berechnungsgrundlage gestellt wird, wie Stückzahlen pro Schicht.
Zum Beispiel beinhaltet die Berechnung der Verschwendung durch Nacharbeit das Prüfen, das Aussortieren, den Wert des benutzten Materials und den Stundenaufwand zur Herstellung des vorherigen Bearbeitungszustandes.
Die Verschwendung für einen unnötigen Laufweg (z.B. Weg zu einem Regal und zurück) errechnet sich aus dem Zeitwert für den Laufweg (z.B. mittels Refa-Methoden bewertet) multipliziert mit der Häufigkeit und mit den relevanten Lohnkosten.
Mit Hilfe der Pareto-Analyse können Sie nun diejenigen 20 Prozent der Verschwendungsquellen identifizieren, die für 80 Prozent der vorhandenen Verschwendung verantwortlich sind. Diese Verschwendungsarten sollten Sie im nächsten Schritt zuerst angehen.
Video: Was ist 5S?
Video: Der Methodenbaum
Schritt 3: Finden geeigneter Gestaltungsansätze
In diesem Schritt geht es um das Finden geeigneter Gestaltungsansätze, Maßnahmen oder Methoden:
Bessere Ordnungsprinzipien,
wie z.B. Trennung von Material hinsichtlich Varianten, so dass sich nur Material für die Standardvariante am Arbeitsplatz befindet. Übersichtliche Gestaltung.
Vermeiden von Überproduktion und Beständen,
z.B. durch optimale Taktung, homogene, gleichverteilte Arbeitsinhalte entlang der Prozesskette, Taktausgleichszeiten für eine verbesserte Auslastung.
Weniger Transport,
indem z.B. die Maschinenanordnung nach dem Fließprinzip und in U-Form gestaltet wird.
Reduzierung von Wartezeiten,
z.B. durch Mehrmaschinenbedienung und Rüstzeitminimierung (schnelles Rüsten).
Beseitigung von Herstellungsfehlern,
z.B. indem die Grundursachen der Probleme gefunden werden und so das erneute Auftreten von Ausschuss oder Nacharbeit verhindert wird.
Verbesserung der Anordnung,
wie z.B. optimale Greifräume, Material näher am Arbeitsbereich, Reduzierung der physiologischen Beanspruchungen.
Stabiler Herstellungsprozess,
z.B. durch Arbeitsstrukturierung und Erhöhung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit für jeden Mitarbeiter (Standardarbeit, Arbeitsfolgekarten).
Schritt 4: Bewertung der Lösungen mit Umsetzungsrangfolge
Mit der priorisierenden Bewertung der Lösungsansätze bzw. Maßnahmen ist nun die Umsetzungsrangfolge festzulegen. Grundsätzlich sollten Sie Ihre Mitarbeiter in alle vier Schritte und vor allem in den Prozess der Umgestaltung und Maßnahmenumsetzung im persönlichen Arbeitsbereich einbeziehen, z.B. durch Vorschläge zur Thematik der Ablage von persönlichen Arbeitsmitteln am Arbeitsplatz. Die folgenden Aktivitäten helfen Ihnen bei einer strukturierten Umsetzung der Verbesserungen:
- Teilen Sie die Maßnahmen nach Umsetzungsaufwand, Umsetzungsdauer und Effekt in kurzfristig, mittelfristig und langfristig umzusetzende Lösungen ein.
- Erstellen Sie Maßnahmenpläne mit Festlegung von Verantwortlichkeiten und Zielterminen.
- Implementieren Sie einen Umsetzungskontrollmechanismus.
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